Dach im Spagat

Malerische Klostergutkirche wegen Erneuerungsarbeiten derzeit geschlossen

 

Hinter Buschwerk und ehrwürdigen Baumriesen halb versteckt, ist die Klostergutkirche Hilwartshausen für den Orts­fremden nicht leicht zu finden. Doch wer sie nach einigem Umherkurven endlich aufgespürt hat im dunklen Grün zwischen Weser und B 80, steht eine Weile ganz verzaubert da. Selbst Pastor Bernd Vogel kommt nicht umhin, das Fleckchen Erde im romanti­schen Sinne „etwas verwunschen" zu nennen. So wundert es nicht, dass zu den Gottesdiensten an je­dem zweiten Sonntag im Monat nicht nur Hilwartshäuser und Gimter kommen, zu deren evangelisch - lutherischer Ge­meinde das Kirchlein gehört, sondern besonders gern auch die Mündener aus der Stadt. „Den Sonntag dort zu beginnen, das hat schon was", weiß Vogel. Das sehen auch einige treue Volkmarshäuser so, die dem lutherischen Glauben anhängen. „Für die war Hilwartshausen früher ihre Kirche," erzählt der Pastor. Sie pilgerten gern in Richtung Weser, setzten mit der damals noch verkehrenden Fähre über- und den Morgen anschließend im Wirtshaus fort. Etwas von dieser Anhänglichkeit hat sich bis heute gehalten.

Zur Zeit allerdings fallen Gottesdienste und Hochzeiten aus, denn die 1687 erbaute Klostergutkirche ist wegen ei­ner gründlichen Dacherneuerung geschlossen. Eine routinemäßige Gebäudeschau der Klosterkammer Hannover hatte nämlich auf dem sakrale Bauwerk ganz profane Schäden aufgedeckt: Das Dach hatte begonnen, seitlich wegzurutschen und damit zu einem höchst gefährlichen Spagat angesetzt. Als Auslöser machten die Fachleute den nachträglichen amateurhaften Einbau des Tonnengewölbes in die Deckenkonstruktion aus. Architekt Arno Braukmüller von der Klosterkammer: „Dieses Gewölbe war Mitte des 19. Jahrhunderts eingezogen worden, vermutlich, um dem Innenraum eine barockere Anmutung zu geben." Doch wie das seinerzeit bewerkstelligt wurde, lässt Dipl. Ing. Ewald Lotze vom gleichnamigen Hemelner Zimmereibetrieb nur den Kopf schütteln: „Die, die das in die Wege geleitet haben, waren keine guten Statiker. Sie haben nämlich beim Einbau die Deckenbalken getrennt und damit die Zugverbindungen zerstört." Worauf sich das Dach im Laufe der Zeit Millimeter um Millimeter in Bewegung setzte und sich über Sparren­fußbalken und Mauerschwellen nach außen wegschob. Seit drei Wochen nun wird das Dach umfänglich rekon­struiert und verstärkt, wobei Teile der Konstruktion komplett erneuert werden müssen. Da es sich um ein Baudenkmal handelt, fügt der Fachbetrieb auf Anweisung der Bezirksdenkmalpflege sogar alte Ei­chenbalken mit ein. Über­haupt ist der Umgang mit historischer Architektur und Ma­terialien eine Sache für sich. Nicht von ungefähr ist der Baustellenleiter, Michael Franke, nicht nur Zimmermeister, sondern auch ausge­bildeter Restaurator. 70.000 Euro investiert die Klosterkammer in die Sanierung. In drei Wochen soll die Kirche Gottesdienstbesuchern und Hochzeitspaaren wieder offen stehen.